STATIONÄRE ERZIEHUNGSANGEBOTE

Es gibt viele Gründe, warum Kinder und Jugendliche nicht bei ihren Eltern aufwachsen können – und das ist immer mit belasteten Erfahrungen für alle Beteiligten verbunden. Genau da setzen wir an: Der KINDERSCHUTZ MÜNCHEN bietet Kindern, Jugendlichen und ihren Familien die Chance, sich in einem geschützten Rahmen mit klarer Struktur und pädagogischer wie psychologischer Hilfestellung zu entwickeln. Wir blicken gemeinsam zurück, schauen jedoch vor allem nach vorn.

Eine gute Zukunft für unsere betreuten Kinder und Jugendlichen ist unser Ziel!

UNSERE EINRICHTUNGEN

In unseren heilpädagogischen und heilpädagogisch-therapeutischen Wohngruppen im Münchner Norden und dem Landkreis Dachau betreuen wir individuell und flexibel Kinder und Jugendliche im Alter von 4 bis 18 Jahren sowie junge Volljährige auch im Rahmen des Sozialpädagogisch Betreuten Wohnens.

Unsere Wohngruppen sind geeignet für Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren, bei denen eine ihrem Wohl entsprechende Erziehung und Versorgung durch die Familie aus verschiedensten Gründen nicht hinreichend gewährleistet werden kann sowie für Kinder und Jugendliche, die sich in einer akuten Gefährdungssituation  befinden oder die nach einem stationären Aufenthalt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie einer besonders intensiven pädagogischen und/oder therapeutischen Betreuung bedürfen. Ihnen fehlen häufig die Erfahrungen verlässlicher Beziehungen, das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen, positive Identifikationsmöglichkeiten und die Möglichkeit, eigene Fähigkeiten zu entwickeln und konstruktiv zu erproben.

Oft sind die betreuten Kinder und Jugendlichen betroffen von

  • erheblichen Schwierigkeiten in der Schule,
  • massiven Konflikten im Elternhaus,
  • dem Fehlen von verlässlichen Beziehungen und des Gefühls von Sicherheit und Vertrauen,
  • Problemen in sozialen Kontakten zu einzelnen oder im Verbund einer Gruppe,
  • Impulskontroll- und/oder Konzentrationsstörungen wie Schlafstörungen.

Die betreuten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge haben oftmals zu kämpfen mit

  • hoher sozialer und kultureller Verunsicherung,
  • Zukunftsängsten, Orientierungslosigkeit,
  • Depressionen und Bindungsschwierigkeiten.

Wir bieten einen geschützten Rahmen mit verlässlichen Strukturen, in dem die Kinder und Jugendlichen ankommen, Halt erfahren und Schritt für Schritt Hilfestellung auf dem Weg zu ihren Stärken und Ressourcen erfahren.

Aufgenommen werden können ausschließlich Kinder und Jugendliche über eine Anfrage des zuständigen Jugendamtes (das auch immer Kostenträger der Maßnahme ist) an die Leitung des Bereichs. Nach Zusendung der Platzanfrage und Prüfung der Unterlagen wie Kapazitäten wird im nächsten Schritt ein Vorstellungsgespräch mit dem Kind / Jugendlichen, dessen Sorgeberechtigten und dem Jugendamt in der in Frage kommenden Wohngruppe vereinbart. Nach Bedenkzeit durch alle Beteiligten und unter der Voraussetzung der Zustimmung aller Beteiligten wird ein Einzugstermin vereinbart.

Wir sind überzeugt, dass die Familie grundsätzlich der beste Ort für heranwachsende junge Menschen ist. Wenn das nicht oder vorübergehend aus den verschiedensten Gründen nicht möglich ist, ist unser oberstes Ziel dennoch die Erhaltung der familiären Beziehungen, die Unterstützung einer förderlichen Entwicklung von Kind und Eltern miteinander und bestenfalls, je nach Situation und Alter des Kindes, die Rückführung in die Familie. Genauso intensiv begleiten wir auch die jungen Menschen, die nicht mehr in das System Familie zurückkehren, auf dem Weg in die Selbständigkeit.

Individuell unterschiedlich sind meist folgende Ziele relevant, die immer im Rahmen des Hilfeplanverfahrens mit dem Kind bzw. Jugendlichen, den Sorgeberechtigten, dem Jugendamt und uns gemeinsam erarbeitet werden:

  • Schutz des Kindes bzw. Jugendlichen und Deeskalation der Familiendynamik
  • Psychische Stabilisierung
  • Konstruktive Bewältigung von altersspezifischen Entwicklungsaufgaben
  • Soziale Integration und Förderung der sozialen Teilhabe
  • Unterstützung bei der Verarbeitung von traumatischen Erfahrungen
  • Fortsetzung oder Entwicklung einer schulischen / beruflichen Perspektive
  • Aufbau von Frustrationstoleranz, Belastbarkeit und Handlungskompetenz
  • Entwicklung und Stärkung der Selbsthilfepotenziale
  • Entwicklung und Stärkung der eigenen Identität
  • Entwicklung und Ausbau sozialer Kompetenzen

In unseren Wohngruppen leben jeweils acht bis neun Kinder und Jugendliche in einem großen Einfamilienhaus oder einer Doppelhaushälfte in Einzel- oder Doppelzimmern. Die überschaubare Größe lässt den schnellen Aufbau von gegenseitigem Vertrauen zu, bietet einen geschützten Lebensrahmen und erleichtert die Identifikation mit der Gruppe. Die Lage der Häuser in einer gewöhnlichen Wohngegend eröffnet die Möglichkeit nachbarschaftlicher Beziehungen, sozialer Einbindung und bietet zugleich ein Lernfeld für angemessenes Verhalten und zur Lösung entstehender Konflikte. Die individuelle Lebensgestaltung in unseren Häusern lässt die Bewohnerinnen und Bewohner die Notwendigkeit von Regeln im Zusammenleben erfahren. Sie bietet den Rahmen zur gemeinsamen Bewältigung des Alltags.

Die Unterstützung bei den alltäglichen Angelegenheiten und bei der Entwicklung der persönlichen Themen jeder/s Einzelnen basiert vor allem auf dem Fundament von tragfähigen Beziehungen und dem Aufbau von Vertrauen. In wöchentlich stattfindenden Kinder-/Jugendkonferenzen und dem Sozialtraining werden relevante Themen partizipativ bearbeitet und Kompetenzen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens geübt. Neben der oft mühsamen Arbeit unserer Kinder und Jugendlichen an ihren Schwierigkeiten achten wir besonders darauf, dass wir immer genauso intensiv an den Stärken und Ressourcen jedes Kindes anknüpfen und für ein angemessenes Maß an Freude, Leichtigkeit und Entspannung sorgen. Humor und gemeinsames Erleben verbindet und stärkt den Einzelnen und die Gemeinschaft!

Die Mitsprache, Mitwirkung und Mitbestimmung sowohl der Kinder und Jugendlichen als auch deren Eltern ist ein wichtiges Handlungsprinzip der Stationären Erziehungsangebote. Der Erfolg der Unterbringung in der Wohngruppe ist stark abhängig von der Akzeptanz der Maßnahme durch den jungen Menschen und seine Familie. Wir verstehen Partizipation als ein Mittel mit den Kindern, Jugendlichen und Eltern die Hilfe und das Umfeld bedarfsgerechter und passgenauer zu gestalten. Dies wird durch eine nachhaltige und strukturelle Verankerung von Beteiligung erreicht, die für alle Akteure transparent ist. Beteiligung ist gerade bei der Entwicklung der persönlichen Förderziele wichtiges Prinzip, aber auch bei der Gestaltung der Wohngruppe. Die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Eltern erleben hier einen Umgang auf Augenhöhe. Vor allem die Kinder und Jugendlichen übernehmen eine aktiv selbstbestimmt gestaltende Rolle, sie lernen Konflikte angstfrei auszutragen und entwickeln Kompetenzen zur positiven Auseinandersetzung. Den Mut zu entwickeln, sich einzumischen und eine eigene Meinung zu äußern ist uns besonders wichtig und förderungswürdig.

Dies ermöglichen wir beispielsweise durch:

  • Die Wahl von Gruppensprecher*innen und Vertrauenspersonen als Vertreter*in der WG
  • Ein fest verankertes Beschwerdesystem
  • Den Einbezug in die Planung des Alltags, verantwortliche Übernahme von Teilbereichen
  • Foren schaffen für Partizipation, z.B. Kinder/Jugendlichen-Konferenz, Kinder – Pädagogen- Team, Elternveranstaltungen
  • Betreuungsumfang: 365 Tage im Jahr, 24 Stunden täglich
  • Multidisziplinäres Team von pädagogischen Fachkräften, dem psychologischen Fachdienst und einer Hauswirtschaftskraft
  • Einzelfallarbeit – Bezugsbetreuung – Gruppenarbeit
  • Interkulturelle Sozialarbeit und Genderpädagogik
  • Partizipation: Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen
  • Systemische Eltern- und Familienarbeit
  • Intensive Arbeit an und mit Ressourcen im heilpädagogisch-therapeutischen Setting

Wir arbeiten mit dem Ziel bestmöglicher Hilfe für die Kinder / Jugendlichen und deren Familien möglichst eng zusammen mit

  • Jugendämtern
  • Vormündern
  • Schulischen Angeboten (Regelschulen, Förderschulen, Berufsschulen, Schulprojekten, Deutschkursen, etc.)
  • Ausbildungsstätten und Lehrbetrieben
  • Ärzten, externen Therapeuten
  • Kinder- und Jugendpsychiatrien
  • Fachstellen
  • Helferkreisen
  • Vereinen
  • Fortbildungspartnern und Supervisoren für unsere Fachkräfte

Insbesondere kooperieren wir intensiv mit unserem Sozialpädagogisch Betreuten Wohnen / Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung (SBW / ISE) Dachau, das eine Anschlussmaßnahme für Jugendliche ab 16 Jahren aus den Wohngruppen darstellt, die sich auf den Weg in die Selbständigkeit machen. Der Kontakt zum Umfeld und auch den bekannten Betreuungspersonen kann durch die örtliche Nähe bestehen bleiben.

Die Aufnahme in eine Wohngruppe kann nur über die Anfrage durch das zuständige Jugendamt erfolgen, das zugleich Kostenträger der Maßnahme über einen verhandelten Tagessatz ist. Rechtsgrundlagen: SGB VIII, §§ 27 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 34, 35a, 41

Platzanfragen richten Sie bitte an stationaere-ea-platzanfragen@kinderschutz.de
Tel: 089 231716-8111 oder Fax: 089 231716-8119

Ali ist ein Jugendlicher mit afghanischen Wurzeln und einer langen Odyssee: Seine Eltern sind vor 16 Jahren aus Afghanistan in den Iran geflohen. Ali ist als erstes Kind seiner Eltern im Iran geboren, er hat noch drei jüngere Schwestern. Seine Eltern sahen für ihn keine Perspektive und Zukunftssicherung in Iran – so haben sie beschlossen, ihn zusammen mit seinem älteren Cousin nach Europa reisen zu lassen. Nach einigen Monaten in der Türkei hat eine Schlepperbande die Reise der beiden Richtung Deutschland organisiert. Unterwegs verloren sich die Jungen und nach einer langen und schwierigen Zeit war der Cousin in Deutschland angekommen, Ali aber in Österreich. Erst über die Eltern in  Iran haben sie wieder Kontakt zueinander knüpfen können. Nach zwei Jahren in Österreich machte sich Ali erneut alleine auf die Reise, um nach Deutschland zu seinem Cousin zu kommen, der sich in der Nähe von Augsburg aufhielt. In München wurde Ali aufgegriffen und durch das System der Jugendhilfe in einer Münchner Einrichtung untergebracht. Die erheblichen Schwierigkeiten, die er hatte, führten bald zu einer intensiveren heilpädagogisch- therapeutischen Maßnahme und er kam in eine unserer Wohngruppen. Er klagte stets über innere Unruhe, Kopf- und Bauchschmerzen, hatte massive Schlafstörungen, depressive Episoden. Seine mangelnde Impulskontrolle hatte unter anderem erhebliche Probleme in der Schule zur Folge, in die er nur bedingt ging.

Ali war verschlossen und es brauchte Zeit und Achtsamkeit, um langsam sein Vertrauen zu gewinnen. Durch intensive Gespräche, Schutzraum und Da-Sein öffnete sich der Jugendliche zunehmend und war in der Lage, auf seine Stärken zurück zu greifen. Er entwickelte sich zum guten Schüler, verbesserte seine Sprachkenntnisse erheblich und setze alles daran, sein Fußballtalent zu perfektionieren. Wir durften ihn mit einer guten Prognose 2017 nach Augsburg umziehen lassen, wo er endlich wieder in die Nähe seines einzigen Verwandten in Deutschland kam und zugleich einen Platz in einem Fußballinternat des FC Augsburg mit angegliederter Schule und Wohnmöglichkeit wechselte.

Diese positive Entwicklung freut uns sehr für Ali. Wir sehen dies durchaus auch als großen Erfolg für den KINDERSCHUTZ MÜNCHEN in dem Bemühen, Jugendliche auf „einen guten Weg zu bringen“.

KONTAKT

BEREICHSLEITUNG STATIONÄRE ERZIEHUNGSANGEBOTE

Kristina Kucharcik

Tel.: 089 231716-8111
Fax: 089 231716-8119
k.kucharcik@kinderschutz.de

WUSSTEN SIE…

…dass Kinder und Jugendliche im Jahr 2020 am häufigsten wegen Überforderung eines oder beider Elternteile in Obhut genommen wurden?

(Statistisches Bundesamt, Destatis, 2020)

…dass es im Jahr 2020 bayernweit 21.347 Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls gab?

(Bayerisches Landesamt für Statistik, 2020)

…dass der Anteil an jungen Menschen mit Migrationshintergrund zwischen den Jahren 2009 und 2017 von 28 Prozent auf mehr als ein Drittel (34 Prozent) gestiegen ist?

(DJI Kinder- und Jugendmigrationsreport 2020)