HEILPÄDAGOGISCHE TAGESSTÄTTE

Wir bieten Kindern und Jugendlichen ein Umfeld, in dem sie neue, positive Erfahrungen machen können. Dies beinhaltet neben der individuellen Förderung  auch das Erleben klarer Regeln und Strukturen sowie vor allem auch das Erfahren sicherer und verlässlicher Bezugspersonen. Abgesichert durch den geschützten Rahmen innerhalb der HPT ist es den Kindern und Jugendlichen so möglich, bestehende Entwicklungsdefizite aufzuholen, sowie alte (negativ behaftete) Verhaltensmuster und Überzeugungen zu erkennen und schrittweise in zielführendere bzw. positive Handlungsweisen zu entwickeln.

UNSER ANGEBOT

Unsere HPT fördert und unterstützt bis zu 33 Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer seelischen Gesundheit besonderer Hilfestellung bedürfen (heil-) pädagogisch und therapeutisch in derzeit 4 Gruppen:

  • einer Vorschulgruppe (3-6 Jahre)
  • zwei Schulgruppen (7-12 Jahre)
  • einer Schulgruppe (13-15 Jahre)

Für jede Gruppe stehen zwei pädagogische Fachkräfte sowie ein therapeutischer und pädagogischer Fachdienst zur Verfügung. In der Vorschulgruppe legen wir einen besonderen Schwerpunkt auf den Abbau von Entwicklungsdefiziten und Entwicklungsverzögerungen (z.B. im motorischen, Wahrnehmungs- und Konzentrationsbereich). Durch das heilpädagogische Umfeld bieten wir den Kindern ein neues Lerngebiet für sozial angemessene Verhaltensweisen. Ebenso lernen sie im Lebensraum der HPT neue Entfaltungsmöglichkeiten kennen.

Die HPT bietet Kindern und Jugendlichen mit besonderen Problemlagen

  • in der Schule (z.B. Konzentrationsprobleme, Schulleistungsstörungen, Schulunlust),
  • im familiären Bereich (z.B. Trennung der Eltern, psychische Beeinträchtigungen, soziale Isolation)
  • im sozialen Umfeld (z.B. in der Begegnung mit Gleichaltrigen, Kontaktschwierigkeiten, Verhalten in Gruppensituationen) Hilfe an.

Die Ziele:

  • ganzheitliche Förderung, Entwicklung und Stabilisierung der Persönlichkeit
  • Erlernen sozial angemessener Verhaltensweisen und alternativer Handlungsmöglichkeiten
  • Befähigung zur Teilhabe am Leben der Gemeinschaft
  • Aufbau altersgerechter Fähigkeiten in Motorik, Wahrnehmung, Konzentration und Sprache
  • Stabilisierung des Familiensystems

Die Ausgestaltung der Hilfe richtet sich nach dem Bedarf und den Stärken der Person. Sie ist partizipativ, ressourcenbezogen, perspektivisch orientiert und zielt auf Eigenständigkeit und Selbsthilfe.

  • intensive heilpädagogische Betreuung der Kinder/Jugendlichen
  • gezielte individuelle Förderung entsprechend der Diagnose
  • Förderung je Gruppe durch zwei pädagogische Fachkräfte, psychologischen und pädagogischen Fachdienst
  • Förderung im Gruppensetting als auch durch individuelle Einzelförderung
  • enge Zusammenarbeit mit den Sorgeberechtigten/ wichtigen Bezugspersonen
  • systemische Arbeitsweisen und Methoden in einem strukturierten Alltag
  • Kooperation mit den besuchten Schulen unser Kinder und Jugendlichen
  • Vernetzung mit allen relevanten Stellen, Diensten, Ärzten und Therapeuten im Landkreis Dachau
  • Zusammenwirken eines multidisziplinären Teams erfahrener Fachkräfte
  • jährlich stattfindende mehrtägige Ferienfahrt der Schulgruppen

Aufgenommen werden können Kinder/ Jugendliche: 

  • die aufgrund ihrer Verhaltensauffälligkeit und/oder ihrer Entwicklungsverzögerungen einer heilpädagogischen Betreuung und Förderung in teilstationärer Form bedürfen
  • ein diesbezügliches kinder- und jugendpsychiatrisches Gutachten vorweisen können
  • bei denen ambulante Maßnahmen nicht ausreichen, eine stationäre Jugendhilfemaßnahme aber nicht angezeigt ist
  • deren Eltern zu einer Kooperation mit der HPT bereit sind und eine hinreichende Altagsversorgung ihres Kindes gewährleisten können
  • die nach einer vollstationären Unterbringung schrittweise in ihre Herkunftsfamilie rückgeführt werden sollen

AUFNAHMEVORAUSSETZUNG ist das Vorliegen der Kostenübernahmeerklärung des örtlich und sachlich zuständigen öffentlichen Trägers (Jugendamt bzw. Bezirk).

Unsere koedukative Heilpädagogische Tagesstätte ist ein teilstationäres Erziehungsangebot für Kinder und Jugendliche im Alter von 3-15 Jahren. Die Förderung und Betreuung in der HPT erfolgt aufgrund folgender Rechtsgrundlagen:

  • § 39 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), Eingliederungshilfe für Behinderte
  • § 35a Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII), Eingliederungshilfe seelisch behinderter Kinder/ Jugendlicher
  • § 53 Sozialgesetzbuch (SGB XII), Eingliederungshilfe für behinderte Menschen

In der Regel besuchen die Kinder/ Jugendlichen unsere Heilpädagogische Tagesstätte für die Dauer von einem bis zu drei Jahren.

Die Heilpädagogische Tagesstätte wird über vereinbarte Tagessätze finanziert, die in der Vorschulgruppe vom Bezirk Oberbayern und bei den Schulgruppen von den örtlich zuständigen Jugendämtern erstattet werden.

Mit folgenden Einrichtungen arbeiten wir u.a. zusammen: 

  • Landratsamt Dachau (Amt für Jugend und Familie)
  • Bezirk Oberbayern
  • Caritas-Erziehungsberatungsstelle in Dachau
  • verschiedenste Schultypen in der Stadt, im Landkreis Dachau und in München
  • Schulpsychologischer Dienst im Landkreis Dachau
  • niedergelassene Ärzte, Kinder- und Jugendpsychiater und Therapeuten
  • Fahrdienste
  • weitere Tagesstätten im Einzugsgebiet

BERATUNG BEI VERDACHT AUF KINDESWOHLGEFÄHRDUNG

Fachkräfte, die im Bereich der Jugendhilfe arbeiten, sind gemäß § 8a SGB VIII verpflichtet eine insoweit erfahrene Fachkraft (ISEF) zur Gefährdungseinschätzung bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung hinzuzuziehen.

Die ISEF unterstützt und begleitet Fachkräfte prozessorientiert bei der Risiko- und Gefährdungseinschätzung.

Sie führt Gespräche mit der falleingebenden Fachkraft und sammelt Informationen über Anhaltspunkte, die auf eine Gefährdung des Kindeswohls hindeuten. Somit leistet die ISEF Entscheidungshilfe bei der Frage, ob das örtliche Jugendamt hinzugezogen werden muss.

Darüber hinaus können anstehende Gespräche zwischen Sorgeberechtigten und falleingebender Fachkraft mit Unterstützung der ISEF vorbereitet werden. Die ISEF berät ausschließlich die falleingebende Fachkraft oder Institution und übernimmt keine Verantwortung in der Fallarbeit. Interesse oder Rückfragen zur ISEF-Beratung bitte unter: isef@kinderschutz.de

ERFOLGSGESCHICHTE

Letzte Woche hatten wir wieder eine Familie zu Besuch, deren Sohn vor drei Jahren die HPT mit Erfolg verließ. 

Nun hat er den Übertritt auf das Gymnasium geschafft, im aktuellen Zeugnis war seine schlechteste Note eine Drei und zudem wurde er als Gewinner eines Informatik-Wettbewerbs ausgezeichnet. 

Die Familie besucht uns regelmäßig und kann es immer noch nicht fassen, wie gut alles geworden ist.

AKTUELLE ANGEBOTE

Vom Weihnachtslied bis zum Rap. Bis zu 15 Kinder nehmen regelmäßig an der Chorstunde in unserer HPT teil. Sie singen in deutscher, englischer, teilweise auch türkischer, italienischer, spanischer, französischer Sprache – je nach Interesse und Herkunft der jungen Teilnehmer*innen. Und damit die Kinder auch verstehen, was sie singen, wird inhaltlich auf den Text eingegangen. Manche Lieder fallen dann ganz schnell weg, wenn zum Beispiel Ausdrücke inakzeptabel sind oder der Text Gewalt verherrlicht – manchmal sehr zum Leidwesen der Chorfraktion, die ihr Herz an den momentan sehr populären, deutschen Gangsta-Rap verloren hat. Die Kinder, einige schon im Übergang zum Jugendalter, werden auf die heikle Thematik hingewiesen und erkennen dann auch, dass das nicht der Weg ist, den sie gehen wollen.

Seit über zehn Jahren werden in der heilpädagogischen Tagesstätte des KINDERSCHUTZ MÜNCHEN Musikprojekte durch den therapeutischen Fachdienst angeboten. Das therapeutische Konzept basiert auf dem integrativen, systemisch-familientherapeutischen Ansatz, der in der HPT ressourcenorientiert, wertschätzend und konsequent umgesetzt wird. Zu Beginn der Chorstunde sucht sich jede*r Teilnehmer*in seinen Platz, an dem er sich wohl fühlt, und bleibt dann auch dort, um zur Ruhe zu kommen. Immerhin benötigen die kleinen Sänger*innen ein Höchstmaß an Konzentration und Disziplin, um zeitgleich sich selbst die richtigen Töne wie auch zum Teil lange Texte – und das in Kombination – zu entlocken, als auch sich auf die Mitsänger*innen einzustimmen, einzuschwingen und sich an den Gesang der anderen Kinder anzugleichen. Das, was die Kinder hier üben, überträgt sich auf ihr Verhalten im normalen Alltag.

Musik und Singen sind ressourcenstärkend und wachstumsfördernd. Dass wir die Lieder singen, heißt nicht generell, dass wir sie am Ende auch richtig beherrschen. In erster Linie geht es um den Spaß, die Lebensfreude, die durch das Singen erzeugt wird. Es ist auf jeden Fall faszinierend, wenn ein hyperaktiver Junge, der zum Lernen für die Schule keine Geduld aufbringt, innerhalb kürzester Zeit einen ellenlangen Raptext in spanischer Sprache abspeichern kann…

Jeden Dienstag nach der Schule geht es für Anna und Matteo (beide 8 Jahre; Namen geändert) im vereinseigenen Bus von Karlsfeld Richtung Vierkirchen zu unserem Therapiepferd Ricardo. Die Kinder nehmen an der heilpädagogischen Förderung mit Pferd teil. Bei Beiden wurde frühkindlicher Autismus und Asperger-Syndrom diagnostiziert, Formen der Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Die Kinder weisen einen eher milden Beeinträchtigungsgrad auf, aber sie haben die typischen Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion (z.B. beim Verständnis und Aufbau von Beziehungen) und der Kommunikation (z.B. Blickkontakt oder Körpersprache).

Auf der Fahrt entstehen schon die ersten angeregten Gespräche – über die Stunde, das Therapiepferd oder ganz alltägliche Sachen aus der Gruppe oder Schule. Anna, die bereits seit eineinhalb Jahren teilnimmt, war am Anfang schüchtern, eher wortkarg, kontaktscheu und spielte oft allein. Häufig war sie verzweifelt; sie hätte gerne mit anderen Kinder gespielt, konnte sich jedoch nicht in das gemeinsame Spiel mit anderen Kindern integrieren, da sie dabei kaum sprach. Hilfreich war für sie die über einjährige gemeinsame Arbeit am Pferd mit einem etwas älteren Mädchen, das Anna durch ihre exaltierte Art förmlich aus der Reserve lockte und an der sich Anna, auch im Umgang mit dem Pferd, gut orientieren konnte. Während sie sich durch Beobachtung und die gemeinsame Interaktion immer mehr von deren Verhaltensweisen aneignen und in ihr eigenes Verhaltensrepertoire integrieren konnte, ist sie mittlerweile in der Lage, Gespräche zu initiieren und empathisch auf die Reaktionen ihres Gegenübers einzugehen. So ist Anna diejenige, die Matteo, der erst seit wenigen Monaten an der heilpädagogischen Förderung mit Pferd teilnimmt, die heilpädagogische Tagesstätte aber bereits seit drei Jahren besucht und inzwischen sehr viel offener auf andere Kinder und Erwachsene zugehen kann, Ratschläge erteilt.

Auf dem Hof wird immer zuerst Ricardo, ein zehnjähriger, sehr ausgeglichener Norwegerwallach, begrüßt. Dieser hat die Kinder meist bereits längst entdeckt und wartet am Eingang der Pferdekoppel oder in seiner Paddockbox. Ricardo wird gehalftert und zum Putzplatz geführt. Das Putzen und Auskratzen der Hufe gehören zu den Routineaufgaben, bevor die Kinder auf Ricardo reiten dürfen. Auch wenn in der pferdegestützten Therapie nicht das Reiten, sondern die Beziehungsgestaltung zum Pferd im Vordergrund steht, ist es doch auch immer das Highlight für die Kinder und ein besonderes Erlebnis. „Ich liebe Hufe auskratzen“, ruft Matteo und macht sich eifrig ans Werk. Das gemeinsame Handeln am Pferd erfordert immer wieder Absprachen zwischen beiden Kindern. Matteo möchte zum Beispiel die Aufgabe, Hufe auszukratzen, allein übernehmen, was Anna so nicht akzeptiert. Kommunikation wird zwingend notwendig.

Nachdem Ricardo gegurtet und getrenst ist, geht es in die Halle. Eine Aufgabe ist, dass abwechselnd eines der Kinder die Funktion des Lehrers übernimmt und dem anderen Kind mit einer bildgestützten Karte, die auch eine Überschrift enthalten, verschiedene Übungen auf dem Pferd ansagt. Die Übereinstimmung der ausgeführten Übung muss mit der Karte verglichen und möglichst verbal die notwendigen Korrekturen mitgeteilt werden. Gerade Matteo fällt dies noch schwer, was typisch für seine Diagnose ist. Er nimmt dann teilweise die Karte in die Hand und zeigt Anna, was gemeint ist. Ziel ist es, die Kinder immer wieder in den verbalen Austausch und die Interaktion untereinander zu bringen. Der*die Pädagog*in steht ebenso im permanenten Austausch und unterstützt das Interaktionsverhalten der Kinder, aber auch mit dem Pferd. Anna gibt die Anweisung „antraben“. Matteo hat verstanden, dass er Ricardo ein deutliches Zeichen geben muss, damit dieser ihn versteht und entsprechend reagiert. Matteo schnalzt laut mit der Zunge und sagt „Terab“. Ricardo setzt sich in Bewegung und Matteo lacht freudig dabei. Die Bewegung und der Rhythmus des Pferdes fordern Kinder mit ASS zum Lautieren bzw. Sprechen auf.

Hier zeigt sich auch der motivationsfördernde Charakter beim Einsatz des Pferdes, der durch die freudigen Erlebnisse mit ihm, die Bereitschaft fördert, Neues zu lernen und auszuprobieren sowie Sprechanreize, um die wechselseitige Kommunikation zu erleichtern. Die Kinder lernen, sich eigene Ziele zu setzen, und entwickeln auch einen gewissen Ehrgeiz. Die positiven Erfahrungen schaffen Erfolgserlebnisse und steigern das Selbstbewusstsein.

Am Ende der Stunde muss das Pferd noch versorgt werden. Anna und Matteo dürfen ihm eine Belohnung füttern und bringen ihn zurück auf die Pferdekoppel. Matteo streichelt Ricardo zum Abschied und sagt: „Du bist mein Freund“. Im Stall werden noch die Aufräumarbeiten erledigt, dann geht es wieder zurück in die Tagesstätte.

Die heilpädagogische Förderung mit dem Pferd ist besonders gut für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung geeignet: Die Interaktion zwischen Mensch und Pferd steht im Mittelpunkt. Das Pferd tritt Menschen vorurteilsfrei und nicht wertend gegenüber, wodurch vor allem Kindern mit Autismus die Kontaktaufnahme zu Tieren häufig leichter fällt als zu Menschen. Ein Pferd löst Handlungen und Reaktionen aus und gilt als Motivationsträger in der pferdegestützten Therapie. Es ermöglicht Erfahrungen, die dann auf andere Bereiche übertragen werden können. In der pferdegestützten Therapie werden alle Wahrnehmungsbereiche angesprochen, die gerade bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung vermindert sind. Seit 2015 findet in der Karlsfelder HPT des KINDERSCHUTZ MÜNCHEN einmal pro Woche die heilpädagogische Zusatzförderung mit dem Pferd (HFP) bzw. pferdegestützte Therapie neben dem regulären Betreuungsangebot statt. Das Angebot steht allen Kindern der Einrichtung mit unterschiedlichen seelischen Beeinträchtigungen offen und gilt als ganzheitlicher Ansatz, bei dem die Erziehung, die Förderung der körperlichen, geistigen und sozialen Entwicklung sowie die Rehabilitation von Kindern durch das Pferd im Vordergrund stehen (Gomolla, 2011).

Unsere Heilpädagogische Tagesstätte besteht seit 1978.

Unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende.

KONTAKT

TEAMLEITUNG

Michael Riemer
Dipl.-Sozialpädagoge (FH)

Tel.: 089 231716-8631
Fax: 089 231716-8619
m.riemer@kinderschutz.de

BEREICHSLEITUNG STATIONÄRE ERZIEHUNGSANGEBOTE

Kristina Kucharcik

Tel.: 089 231716-8111
Fax: 089 231716-8119
k.kucharcik@kinderschutz.de

ADRESSE

Gefiltert nach

KINDERSCHUTZ MÜNCHEN
Heilpädagogische Tagesstätte
Ohmstraße 12, Haus 1
85757 Karlsfeld

Telefon: 089 231716-8631
Telefax: 089 231716-8619
E-Mail: hpt@kinderschutz.de